(WDSF - 04.01.2016) Zahlende Besucher im Tiergarten Nürnberg in 2015 mit 3 Prozent nur geringfügig erhöht - Dauerkartenverkäufe führen zu einem effektiven Einnahmeverlust

Folge: "Wir denken darüber nach, die Eintrittspreise zu erhöhen", bestätigte Bürgermeister Christian Vogel.

Die ursprünglich kalkulierte Zahl von 1.180.000 zahlenden Besuchern, um alleine das städt. Darlehn von 20 Mill. Euro für die Baukosten der "Delfinlagune" von über 31 Mill. Euro zu bedienen, wurde erneut nicht erreicht. Die Sanierung des stillgelegten Notfall-Delfinariums, das etwa 100 Meter von der "Delfinlagune" entfernt liegt, ist mit mdst. 1,2 Mio. Euro kalkuliert. Die Sanierungskosten der "Delfinlagune" selbst können bis zu 20 Millionen Euro betragen (Zitat aus der TV-Sendung "Mario Barth deckt auf" am 07.10.2015). Ein neues Nilpferdhaus ist mit 1 Mill. Euro kalkuliert.
 
In den vom Tiergarten verkündeten "Besucherzahlen" für 2015 von 1.124.737 sind 7.656 Dauerkartenbesitzer mit einer Steigerung von 17% enthalten, die pro Jahr vom Tiergarten jeweils mit 20 Besuchen kalkuliert sind. Demnach sind in den Besucherzahlen für 2015 rund 153.000 Dauerkartenbesuche enthalten.
 
Im Jahr 2014 waren es insg. 1.071.753 Besucher. Da die Dauerkartenbesitzer im Jahr 2014 noch etwa 6.700 betrugen (jetzt 17% mehr) mit 134.000 kalkulierten Besuchen (2015: 153.000), beliefen sich die Besucherzahlen ohne Dauerkartenbesitzer im Jahr 2015 demnach auf etwa auf 972.000 und im Jahr 2014 auf rund 938.000 Besucher. Das sind etwa 34.000 Besucher (3,08 %) im Jahr 2015 mehr als im Jahr 2014. Der Tiergarten spricht jedoch von einem Besucherplus von 52.984 Besuchern.
 
Da bei den Besucherzahlen des Tiergartens auch Schulklassen und Ermäßigungskarten erfasst sind, ist die Anzahl der zahlenden Besucher, wenn überhaupt, nur geringfügig mit etwas über 3 Prozent gestiegen; selbst wenn man die erhöhte Anzahl der verkauften Dauerkarten einbezieht. Tatsächlich hat der Tiergarten durch den Anstieg von rund 950 mehr verkauften Dauerkarten in Relation zu bezahlten Einzelbesuchen der Dauerkartenbesitzer einen Verlust in Relation zu 2014 erzielt. Eine Dauerkarte kostet pro Jahr 65 Euro. Ein Einzelbesuch kostet 13,50 Euro und hätte bei den kalkulierten 20 Besuchen von 950 Dauerkartenbesitzern insgesamt Einnahmen von 258.000 Euro erbracht. Der Verkauf von zusätzlich 950 Dauerkarten á 65 Euro hat jedoch nur 61.750 Euro erzielt. Selbst wenn man nur von ursprünglich 10 Besuchen pro Dauerkartenbesitzer ausgeht, hätten diese Einnahmen bei 128.500 Euro gelegen.

In dem Interview mit der RTL-Reporterin (s.u. "Marion Barth deckt auf") sprach Tiergarten-Direktor Dag Encke bereits zum Zeitpunkt der TV-Aufzeichnung im August 2015 von einer beabsichtigten Eintrittspreiserhöhung.
 
Hier: Derzeitige Eintrittspreise im Tiergarten Nürnberg.
 

Historie zum Desaster der "Delfinlagune" mit Baukostenexplosion

(Stellungnahme von Steuerberater Jürgen Ortmüller)

Urspünglich wurde dem Planungskonzept für den Neubau der "Delfinlagune" in einer Kulturausschussitzung am 21. Oktober 2005 mit "Gesamtkosten von 10,3 Mio. Euro" von SPD und CSU zugestimmt. Die Verantwortung wurde dem Tiergarten übertragen. In der Tagesordnung zur Sitzung heißt es: "Die Umsetzung der Baumaßnahme soll in Eigenregie erfolgen, da der künftige Betrieb auf jeden Fall durch den Tiergarten erfolgen wird. Der Tiergarten als Betreiber ist damit für die Ausführung im Rahmen des Projekvolumes und die anschließende wirtschaftliche Betriebsführung verantwortlich. Unter der Federführung des Tiergartens und des Hochbauamtes erfolgt eine weitere Präzisierung der Planung, um Kostensicherheit zu erreichen." Damit steht der Tiergartendirektor Dag Encke für die Baukostenexplosion in der Verantwortung, ebenso wie die politisch Verantwortlichen der Stadt Nürnberg Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) und die 2. und 3. Bürgermeister Christian Vogel (SPD) und Klemens Gsell (CSU).

Bis zur Fertigstellung der "Delfinlagune" im städtischen Tiergarten im Jahr 2011 lagen die Gesamtbaukosten bei 31 Millionen Euro. 20 Millionen Euro wurden durch einen verbürgten städtischen Kredit vorgestreckt, der durch den Tiergarten je nach Besucherzahlen in 20 bis 30 Jahren abgetragen werden soll. Knapp acht Millionen kamen durch Spendengelder und 3,5 Millionen Euro durch Steuermittel für die Baukosten zusammen. Da die Stadt Nürnberg jedoch alljährlich den Tiergarten mit mehr als 2,5 Millionen Euro subventioniert, zahlt die Stadt über diesen buchungstechnischen Trick das eigene Darlehn selbst zurück. Diese Subventionen stammen wiederum aus Steuermitteln.

Bürgermeister Christian Vogel spricht von lediglich 3,5 Millionen Steuermitteln, die den Bürger für den Neubau belastet hätten. Dabei verschweigt er die zusätzliche jährliche Subention von über 2,5 Mio. Euro für den Tiergarten aus kommunalen Mitteln, mit denen auch der städtische Kredit abgetragen wird. Demnach sind aus Steuermitteln seit 2011 bis einschl. 2015 mdst. 16 Millionen Euro geflossen (Bauzuschuss 3,5 Mio. und p.a. rund 2,5 Mio. Zuschüsse). Für den 20 Millionen-Kredit sollen lt. Stadtkämmerer Harald Riedel bisher vom Tiergarten 5,4 Millionen Euro abbezahlt worden sein (s. Zeitungsmeldung u.). Diese sind allerdings aufgrund der Darlehnsgewährung durch die Stadt (20 Mio. Euro) nur ein durchlaufender Posten. Jetzt kommen für die anstehende Sanierung der Delfinbecken durch einen Salzwasserschaden vermutlich nochmals mehrere Millionen Euro hinzu, wobei die Renovierung einer bisher stillgelegten Delfinhalle für den Aufenthalt der Delfine während der Sanierungsphase zusätzlich mdst. 1,2 Millionen Euro kosten wird. Der offensichtliche Schaden durch das Planungsbüro Adler & Olesch sei lediglich mit 300 000 Euro versichert, heißt es. Je nach Ausgang der Schuldfrage wird die Stadt und damit der Bürger für die Millionenkosten der Sanierung aufkommen müssen, meint auch Walter Lindl, Leiter des Rechtsamtes der Stadt Nürnberg.

Anm.: Bereits im Jahr 2007 hatte der Verein «Menschen für Tierrechte» den Steuerberater Jürgen Ortmüller beauftragt, das ursprüngliche Wirtschaftlichkeitsgutachten der Wirtschaftsprüfer Rödl & Partner für den Neubau der sog. "Delfinlagune" zu überprüfen. Schon damals konnte laut Ortmüller festgestellt werden, dass die Zinsen für die hohe Neuverschuldung, die die Stadt Nürnberg durch den Bau der Lagune eingeht, für den Tiergarten zum Problem werden dürften.

Besucher-Entwicklung
(incl. Dauerkartenbesitzer und ermäßgte Eintrittskarten) - Kalkuliert sind 1.180.000 zahlende Besucher pro Jahr, um den städtischen Kredit von 20 Millionen Euro für die Baukosten von insg. 31. Millionen Euro vollständig bedienen zu können. Diese Zahl wurde seit der Eröffnung der "Delfinlagune" im Jahr 2011 nie erreicht.
Jahr / Besucher
2005: 1.130.453
2006: 1.101.716
2007: 1.062.000
2008: 1.281.286 (Eisbären-Baby Flocke geboren)
2009: 1.039.115
2010: 933.107
2011: 1.223.304 (Eröffnung „Delfin-Lagune“)
2012: 1.095.481
2013: 997.474
2014:
1.071.754 (incl. ca. 6.700 Dauerkartenbesitzer mit 134.000 kalkulierten Besuchern - s.o. Meldung vom 4.1.2016)
2015: 1.124.737 (incl. 7.656 Dauerkartenbesitzer mit á 20 kalkulierte Besuchen, also 153.000 theoretischen Besuchen )

2016: 1.087.360 (incl. 7.624 Dauerkartenbesitzer)

Pressemeldungen

Umgehende Schließung der "Delfinlagune" in Nürnberg

(WDSF 07.11.2015) Nordbayern.de (Nürnberger Zeitung/Nürnberger Nachrichten) hat die Pressemitteilung des WDSF aufgegriffen. Nach einem persönlichen Gespräch des zuständigen Redakteurs mit dem WDSF erfolgte jetzt nach eigener weiterer Recherche der Zeitung ein Bericht, der darauf hinweist, dass der Steuerzahler, entgegen der bisherigen Behauptungen des Bürgermeisters Christian Vogel (SPD), voraussichtlich die Hauptlast der millionenschweren Sanierung der Delfinlagune tragen muss, zumal die Versicherungssumme des betroffenen Planungsbüros Michael Adler & Michael Olesch von 300 000 Euro für Schadensersatzforderungen nach redaktionellen Angaben und Aussage des Nürnberger Rechtsamtes (s. nachfolgenden Zeitungsbericht) nicht ausreichen würde.

Bisher ist die Schuldfrage des Austritts von etwa 86 Tonnen Salz, der die Umwelt auf einer Fläche von rund 2 000 Quadratmetern schwer geschädigt hat und der in den Akten der Aufsichtsbehörde als "Unfall" deklariert wird, nicht geklärt. Das Planungsbüro weist jede Schuld von sich.

Alleine die Erneuerung des Ausweichbeckens für die Delfine, die während der Sanierung der Steinbruch-"Delfinlagune umquartiert werden sollen, wird mehr als die bisher genannten 1,2 Mio. Euro kosten. Der Stress für die Delfine ist vorprogrammiert.

Das WDSF und ProWal fordern die umgehende Schließung des Delfinariums und den Transfer der Meeressäuger in eine menschenbetreute Meeresbucht. Die politisch Verantwortlichen und Tiergartendirektor Dag Encke sind in die Verantwortung des Disasters zu ziehen.



Reporter Helmut Reister berichtet über Finanzierungsskandal nach "Mario Barth deckt auf"
(Nürnberger Zeitung 13.10.2015)

Salzwasseraustritt nicht gestoppt - Fotobeweis des WDSF am 02.12.2014
(Das Salzwasser schwappt immer noch in die Ablauffuge - trotz abgesenktem Wasserspiegel)

Delfinarium Tiergarten Nürnberg - Salzwasser gerät in die Ablauffuge (WDSF-Foto 02.12.2014)

Bild Zeitung Nürnberg (WDSF-Foto)

(Bildzeitung Nürnberg 14.07.2015)

Zoos trainieren, dass Delfine nicht mehr ausgewildert werden können

Die zuständige Tierpflegerin behauptete im Juli 2015 zum Delfinkalb Nami: "Fisch mag sie noch nicht, aber vielleicht mischen wir ein paar Fischstücke zwischen die Eiswürfel, damit sie sich drangewöhnt." Tatsächlich bekam Nami bereits seit dem 07. März 2015 Fisch-Sprotten, obwohl das Kalb ein Jahr lang von der Mutter gesäugt wird. Durch die Fütterung mit totem Fisch werden Delfine für die Gefangenschaft gefügig gemacht, denn ein satter Delfin würde niemals die antrainierten Show-Kunststückchen absolvieren. Aufgrund der Futterbelohnung (und zur Atmung) kommen die Delfine an die Wasseroberfläche, um den Zuschauern präsentiert zu werden. Durch die Fütterung erreicht der Zoo auch, dass Gefangenschafts-Delfine nicht mehr ausgewildert werden können, weil sie das natürlich Jagdverhalten verlernt haben.

Tiermedizinischer Tagesbericht Delfinarium Nürnberg (WDSF-Foto)

Delfinbaby Nami mit Mutter Sunny (Foto: Heike M. Meyer)

Delfinbaby Nami mit Mutter Sunny

Beckenplan (ProWal-Grafik)