Wohin mit den Delfinen?

Es wird immer wieder die berechtigte Frage gestellt, was mit den Delfinen passiert, wenn die Delfinarien geschlossen werden. In Deutschland liegt die Verwendung der Tiere in erster Linie in der Verantwortung der beiden verbliebenen Zoo-Delfinarien in Duisburg und Nürnberg. Diese müssten ein entsprechendes Zookonzept in Abstimmung mit dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP), einer privaten Vereinigung von Zoos, und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) vorlegen.

In der EG-Verordnung 338/97 sind die Kriterien des Handels mit Wildtieren zu deren Schutz festgelegt.

In der sog. EU-Zoorichtlinie (http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1999:094:0024:0026:DE:PDF) heißt es bezogen auf die Zoos:

"Sie (Anm. die Zoos) beteiligen sich an Forschungsaktivitäten, die zur Erhaltung der Arten beitragen, und/oder an der Ausbildung in erhaltungsspezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten und/oder am Austausch von Informationen über die Artenerhaltung und/oder gegebenenfalls an der Aufzucht in Gefangenschaft, der Bestandserneuerung oder der Wiedereinbürgerung von Arten in ihren natürlichen Lebensraum" (aus RICHTLINIE 1999/22/EG DES RATES vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren in Zoos).

Dementsprechend sind alleine die Zoos für eine "Wiedereinbürgerung in den natürlichen Lebensraum" verantwortlich. Das WDSF hat mehrfach vorgeschlagen, die Meeressäuger aus den Betonbecken in teiloffene Meereslagunen in entsprechend klimatischen Regionen unter fachgeführter Obhut zu transferieren, um sie auf eine evtl. Auswilderung vorzubereiten oder um ihnen dort das Gnadenbrot zu geben. Nicht jeder Delfin lässt sich aufgrund seiner langjährigen Gefangenschaft wieder auswildern; für Nachzuchten scheidet eine vollständige Auswilderung weitgehend aus, weil das natürliche Jagdverhalten in Gefangenschaft nicht erlernt wurde. Eine bedingungslose Auswilderung könnte der sichere Tod der Meeressäuger sein. Trotz dieses Wissens werden in den Zoo-Delfinarien Nürnberg und Duisburg weiterhin die Versuche verantwortungsloser Nachzuchten praktiziert, die überwiegend mit Todesfällen endeten, obwohl der Große Tümmler global nicht vom Aussterben bedroht ist. Die Todesrate von Nachzuchten liegt in den beiden deutschen Zoos bei mehr als 75 Prozent. Die "Zeit-online" im Jahr 2015: "Von den 22 Delfinen, die seit 1971 in Nürnberg auf die Welt kamen, sind mittlerweile 17 tot." Von 29 Nachzuchten im Zoo Duisburg (Stand Oktober 2016) haben bisher lediglich acht Tiere überlebt (s.a. WAZ v. 15.05.2013).

Durch die monotone Haltung in den kleinen Gehegen mit Swimmingpool-Größe haben die Delfine die eigene Nahrungsjagd verlernt. Das Sonar wird von den Tieren nur noch selten eingesetzt, weil die Reflektion von den engen Betonwänden Irritationen bei den Delfinen auslösen kann. Die Fütterung mit totem Fisch erfolgt durch die Tierpfleger gezielt in das Maul der Delfine. Den Delfinen in Gefangenschaft wird artfremdes Verhalten zur Belustigung der Zuschauer antrainiert. In freier Wildbahn befinden sich die Meeressäuger zu rund 80 Prozent in ihrem Lebensraum unter Wasser - in Delfinarien ist es genau umgekehrt. Die Rückenflosse (Finne) ist bei Delfinen und Orcas in Gefangenschaft durch das stereotype Schwimmen im Kreis meist gekrümmt. Die Finne besteht überwiegend aus Knorpel und erschlafft durch die Gefangenschaft. Auch in Erwartung der Fütterung halten sich Meeressäuger in Delfinarien zu etwa 80 Prozent an der Wasseroberfläche auf.

Nachdem die beiden deutschen Zoos mit ihren Delfinarien jahrzehntelang zig Millionen investiert haben und Besucher angelockt haben, ist ihnen durchaus zuzumuten, die finanziellen Mittel für die Transfers zur Verfügung zu stellen und für eine lebenslängliche Betreuung der Meeressäuger in weitgehender Freiheit zu sorgen. Allerdings fehlt bis heute eine gesetzliche Grundlage hinsichtlich der Abwicklung und Kostenübernahme bei einer Rehabilitierung und evtl. Auswilderung von Delfinen.

Seit Jahren setzt sich das WDSF dafür ein, dass die Bundesregierung ein ausnahmsloses Importverbot für Delfine und Wale (Cetacea) beschließt, zumal die Bundesratsermächtigung für solch einen Bundestagsbeschluss bereits in § 13 (3) Tierschutzgesetz seit mehr als 10 Jahren verankert ist. Das bedeutet, dass der Bundesrat einem entsprechenden Beschluss des Bundestags nicht mehr zustimmen müsste. Bis heute hat keine der Regierungskoalitionen dies realisiert. Im März 2013 wurde von den Grünen in Kooperation mit dem WDSF ein Bundestagsantrag eingebracht, die Delfinhaltung und den Delfinimport nach Deutschland aufzugeben. Der Antrag wurde mit den Stimmen der CDU/CSU und FDP abgelehnt wobei sich die SPD bei der Abstimmung enthielt. In der Schweiz wurde nach intensiven WDSF/ProWal-Protesten und Mängelaufdeckungen nach mehreren Delfin-Todesfällen und intensiver medikamentöser Behandlung im Connyland-Delfinarium (Kanton Thurgau) innerhalb von einem knappen Jahr im Frühjahr 2012 ein bedingungsloses Importverbot für Cetacea (Wale und Delfine) beschlossen. Das Delfinarium wurde im Oktober 2013 geschlossen. Noch vor dem Transfer der drei Delfine nach Jamaika verstarb ein weiteres Jungtier. Der Vergügungspark hatte die Delfine bis kurz vor dem langen Transport intensiv für seine Shows missbraucht. Die Vorbereitungen auf den Transfer war u.E. völlig unzulänglich.

Den Transfer der drei Delfine nach Schließung des Delfinariums im Allwetterzoo Münster im Frühjahr 2013 in ein Freiluftgehege mit Meereswasser nach Harderwijk (Holland) haben die drei Delfine nach Angaben des Zoos gut überstanden. Der Münsteraner Zoo verzeichnete im Jahr der Delfinarienschließung einen Besucherzuwachs von rund 38.000 Gästen.

Es geht bei der Delfinhaltung um die Fragen  „verhaltensgerechten“ Delfinpflege, wissenschaftlicher Fortschritt, ungeklärte Todesfälle, Geld und nicht zuletzt auch um die ehtische Frage: Ist es legitim, Delfine zu Unterhaltungs-, Lehr- und Forschungszwecken in Zoos zu halten?

- "Dolphin Care - Rescue Center Red Sea" - Ein Projekt des WDSF und ProWal (Facebook)

Das Projekt "Dolphin Care - Rescue Center Red Sea" wurde im November 2014 von ProWal & WDSF ins Leben gerufen. Das Projekt soll ausloten, ob im Roten Meer in Ägypten eine Möglichkeit besteht, eine von Experten betreute Anlage einzurichten, um Delfinen in diesen Fällen helfen zu können:

Schwerpunkte:
- RETTUNG: von gestrandeten oder sich in Not befindlichen Delfinen
- REHABILITATION: Aufnahme und Unterbringung von verletzten freilebenden Delfinen, die nach ihrer Behandlung wieder ins Rote Meer zurückgeführt werden
- AUSWILDERUNG: Bei Eignung Auswilderung von ehemaligen Show-Delfinen
- GNADENPLATZ: für Delfine, die nicht mehr ausgewildert werden können


1.) Um die Grundlagen für ein Konzept einer solchen Anlage zu erarbeiten, stand zuerst ein Besuch im "Dolphin Reef" in Israel an. Dort wurden in der Vergangenheit bereits Delfine ausgewildert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Dolphin_Reef
Webseite:
http://www.dolphinreef.co.il/

WELT und N24 berichten ausführlich über das "Dolphin Reef" in Israel und den dortigen Umgang mit den Delfinen in einem Beitrag vom 29.06.2016: Dolphin Reef Israel: Hier nähern sich Delfine spielerisch Touristen an.


2.) Der zweite Schritt ist die Ausarbeitung eines Konzeptes für eine Anlage mit oben genannten Schwerpunkten.
3.) Der dritte Schritt ist die Vorstellung dieses Konzeptes bei der ägyptischen Regierung.

Ergebnis:

10.12.2017 - Keine neuen Delfinarien und Delfinauswilderungen in Ägypten - WDSF und ProWal sprechen mit Umweltministerium (MND)

Erfahrungswerte mit Delfin-Auswilderungen

 

- Can Captive Dolphins Return to the Wild? (Tom & Misha in Turkey - National Geographic Magazin)

- Auswilderungsbeispiele von Meeressäugern (engl. 1960 - 1993)

- Delfine Tom & Misha erfolgreich in der Türkei ausgewildert (Planet Ocean)

- Wie gefangene Delfine fit für die Freiheit werden (Die Welt)

- Seoul Grand Park schickt zwei Delfine ins Meer zurück (KBS World Radio)