(WDSF - 2013) Im Jahr 2008 begann das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) einen heute mehr als 1.000 Seiten umfassenden Schriftverkehr wegen beanstandeter Haltungsmängel im Delfinarium des Allwetterzoo Münster (Inh. Delphinarium Münster GmbH, holländische Geschäftsführer Frank den Herder und Henk Hiddingh Geschäftsführer mit der Atlantis GmbH) mit der Unteren Aufsichtsbehörde für den Zoo (Umweltamt Münster) und der Höheren Fachaufsichtsbehörde (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Recklinghausen – LANUV) sowie dem Landesamt für Datenschutz Düsseldorf.

Parallel wurden durch das WDSF sämtliche politischen Parteien (CDU, SPD, FDP, Grüne, Die Linke) und der Stadtrat angeschrieben und über die vorliegenden Haltungsmängel  informiert. Es erfolgte außer durch Die Linke NRW und Münster keine Reaktion der politischen Parteien. Selbst die Grünen in Münster nahmen das Thema nicht auf, obwohl sich die Bundespartei Die Grünen/Bündnis90 mit der damaligen parl. Geschäftsführerin Undine Kurth und mit Bärbel Höhn (MdB und Ex-Umweltministerin) eindeutig gegen die Gefangenschaft von Delfinen in Gefangenschaft ausgesprochen hatte.

Im weiteren Verlauf veranstaltete das WDSF zusammen mit der Organisation ProWal von 2008 bis 2010 mehrfach Protestkundgebungen mit großem öffentlichkeitsinteresse vor dem Haupteingang des Allwetterzoos und in der Innenstadt von Münster gegen das Delfinarium.

Bereits am 12.08.2008 wurden dem Umweltamt der Stadt Münster durch das WDSF u.a. Mängel bezüglich der katastrophalen Lichtverhältnisse und des Luftaustauschs für die Delfine in den Holz-Hallen mitgeteilt und Fotobeweise geliefert. Da das Umweltamt Münster nicht reagierte, wurde durch das WDSF das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) als Höhere Fachaufsichtsbehörde mit der Bitte kontaktiert, die aufgeführten Mängel abzustellen. Bei alledem stand aus Sicht des WDSF die dauerhafte Schließung des Delfinariums im Vordergrund, weil ein Betonbecken niemals eine artgerechte Haltung bieten kann.

Minimale Lichtverhältnisse in Halle 1 des Delfinariums in Münster (Wdsf-Foto)Das Umweltamt der Stadt Münster ließ aufgrund der verschiedenen WDSF-Schreiben und -Dokumentationen, die sich auch auf rechtliche und biologische Haltungsrichtlinien stützten, ein Gutachten über die Delfinhaltung in Münster erstellen. Dementsprechend teile das LANUV dem WDSF mit Schreiben vom 04.11.2008 folgendes mit: „Zu bemängeln sind in der Haltungsanlage der Delphinarium Münster GmbH in der Tat die Lichtsituation und der Luftaustausch…. Halle 2 ist sehr dunkel und sollte in angemessener Zweit durch eine entsprechende Dachkonstruktion dem Standard der Halle 1 angepasst  werden.“ Das LANUV verfügte gegenüber dem Umweltamt Münster, dass die vom WDSF beanstandete Mängelbehebung in der erforderlichen Zoo-Erlaubnis nach § 11 TierSchG berücksichtigt wird.

Dieser Auflage folgte das Umweltamt Münster in der neuen Betriebserlaubnis vom 13.11.2008 und setzte dem Delfinarium eine Jahresfrist bis zum 30.11.2009 nach der die Betriebserlaubnis erlöschen würde, wenn die Auflagen nicht erfüllt  würden. Die Dachfläche der Halle 2 umfasst immerhin mehrere hundert Quadratmeter, so dass alleine ein neues Dach mit entsprechenden automatischen Luftaustausch-öffnungen sicherlich mehrere Hunderttausend Euro Kosten verursachte. Abgesehen davon hätte die Statik des alten Holzgebäudes ein neues Dach ohne weitere bauliche Massnahmen nicht zugelassen.

Das WDSF ließ zusätzlich im Jahr 2009 ein Wirtschaftlichkeits-Gutachten erstellen, in dem im Ergebnis festgestellt wurde, dass bei Wegfall des Delfinariums aufgrund der relativ hohen Umsatzbeteiligung durch den Zoo gegenüber dem privaten Delfinarium in den Jahren 2006 ein zusätzlicher Gewinn von 40.200 Euro und für das Jahr 2007 von 79.800 Euro zu verzeichnen gewesen wäre (statt eines bisherigen Verlustes). Immerhin zahlte der Allwetterzoo im Jahr 2007 788.200 Euro (im Jahr 2006 752.600 Euro) an das private Delfinarium als Zuschuss für den Eintrittspreisanteil. Tatsachlich erzielte der Zoo nach der Schließung des Delfinariums Anfang Februar 2013 einen Besucheranstieg von fast 50.000 Besuchern im Jahr 2013 (Anm.: Auch in den Jahren 2014 und 2015 waren die Besucherzahlen höher als in den Vorjahren).

Da die vollständigen Umbauarbeiten mit weiterer Auflagenfrist des Umweltamtes nicht bis zum Jahr 2010 erfolgten, nachdem provisorisch Kunstlichtstrahler eingesetzt werden mussten, um die Gesundheit der Delfine zu gewährleisten, ließ der Allwetterzoo im Oktober 2010 verkünden, dass nach über einem Jahr intensiver Gespräche mit dem privaten Delfinarium beschlossen wurde, die Delfinhaltung in Münster zum Ende des Jahres 2012 aufzugeben.

Die Schließung des Delfinariums im Allwetterzoo Anfang 2013 ist auf die jahrelange Hartnäckigkeit des WDSF mit seinem Geschäftsführer Jürgen Ortmüller zurückzuführen, der sich nicht gescheut hat, den beschwerlichen Behördenweg zu beschreiten und Mängellisten und Gutachten zu erstellen bzw. zu veranlassen. Auch die jahrelangen Demonstrationen durch ProWal zusammen mit dem WDSF und teilnehmenden Tierschützern bewirkten eine breite öffentlichkeitsinformation über die katastrophalen Hintergründe der Delfinhaltung in Münster.

Beitrag von PD Dr. Christian Schulze - (Biologe/ Ruhr-Universität Bochum) im Auftrage des WDSF:
Mangelhafter Wissenschaftsbezug im Delfinarium Münster