WDSF-Bericht: "Ein Teppich des Schweigens"

(Akt. 20.01.2012) - Alleine im November 2011 verstarben innerhalb weniger Tage zwei Delfine unmittelbar nach einer lautstarken Techno-Party neben dem Delfinarium. WDSF und ProWal hatten unmittelbar vor der Groß-Party vor dem Stress für die sensiblen Meeressäuger gewarnt. Weder die Connyland-Eigentümer, die Zirkus-Familie Gasser, noch das Veterinäramt stoppte die Beeinträchtigung der Delfine. Bereits am 03. Juli 2011 hatten die Tierschutzorganisationen ProWal und WDSF im Connyland dokumentiert, dass drei Delfine trotz Außentemperaturen von etwa 40 Grad in der Sonnen keinen Zugang zum schützenden Hallenbereich hatten und dem zuständigen Veterinärarzt Paul Witzig und dem Regierungsrat Dr. Kaspar Schläpfer dies  angezeigt. Witzig bestätigte daraufhin bei einer eigenen Inspektion am 06. Juli 2011, dass das Tor zur Delfinhalle verschlossen war, weil sich dort eine Delfinmutter mit ihrem im Mai geborenen Baby aufhielt, und die anderen drei Delfine ausschließlich im Außenbereich separiert waren. Witzig ließ diesen Mangel nach eigenen Angaben sofort beheben und hat den Sachverhalt nach eigener Aussage uns gegenüber an die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen gemeldet. Mit dem Tod der beiden Delfine sind nunmehr acht verstorbene Delfine in den letzten drei Jahren im Connyland-Vergnügungspark zu verzeichnen - etwa 30 verstorbene Delfine insgesamt.

Warnungen vor Techno-Party und Medikamenten

Bereits im August 2011 hatten wir die Antibiotikum-Verabreichungen bei den Delfinen im Connyland thematisiert (Happy Times Schweiz). Veterinärarzt Pault Witzig (Kanton Thurgau) und Connyland-Pressesprecher Erich Brandenberger wiederholten in der Folgezeit stereotyp, dass es den Delfinen gut ginge. Auch unsere Warnungen vor der lautstarken Techno-Party neben dem Delfinarium Ende Oktober 2011 blieben bei den Verantwortlichen unberücksichtigt. Wenige Tage nach diesem Musik-Festival verstarben die zwei Delfine innerhalb von fünf Tagen. Nach Angaben unserer Biologen wird das Immunsystem der sensiblen Meeressäuger durch Lärm und dem sich daraus ergebenen Stress erheblich beeinträchtigt. Durch die intensiven Medikamentengaben war das Immunsystem bereits vor der Techno-Party herabgesetzt.

Wir konnten weiter nachweisen, dass die Delfine im Connyland mit dem chinesischen Medikament „Yunnan Baiyao" behandelt wurden. Dieses Mittel gegen Blutungen und Prellungen darf jedoch laut Herstellerangabe auf keinen Fall zusammen mit Fischprodukten verabreicht werden. Antibiotikum, Valium und andere Medikamente in Verbindung mit der Lärmbeeinträchtigung durch die Techno-Party haben im Zusammenwirken mit dem fehlenden Sonnenschutz vermutlich zum Tod der beiden Delfine beigetragen. Diagnostiziert wurde letztendlich ein Hirnschaden bei den beiden verstorbenen Delfinen, verursacht lt. Angaben der Staatsanwaltschaft durch Antibiotikum (Stand Januar 2012).

Staatsanwalt ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen, der wir die Mängelliste übermittelt hatten, beschlagnahmte daraufhin sämtliche Medikamente und Futtermittel im Connyland und übermittelte sie zusammen mit Mageninhalt, Gewebeproben und Urin der verstorbenen Delfine zur Untersuchung der Uniklinik Zürich und dem Institut für Rechtsmedizin in St. Gallen. Inwischen ist die Staatsanwältin Michèle Bemsel von der Staatsanwaltschaft Kreuzlingen mit den Untersuchungen befasst, da der Staatsanwalt Patrick Müller durch die Medien in den Verdacht der Befangenheit geriet.

Am 14. November 2011 teilte uns die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen mit: "Sobald die Sektionsberichte und die toxikologischen Untersuchungsergebnisse der beiden verstorbenen Delphine vorliegen, werden wir Sie davon in Kenntnis setzen. Gerne stellen wir Ihnen diese sodann auch zur Einsicht zur Verfügung."

Bisher lagen uns jedoch keine Untersuchungergebnisse vor. Das Connyland hat inzwischen das WDSF und die deutsche Tierschutz-Organisation ProWal wegen angeblicher Rufschädigung vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen verklagt.

Am 10.01.2012 ließ uns der Schweizer Oberstaatsanwalt Andreas Zuber ausrichten, dass immer noch keine Untersuchungsergebnisse vorliegen und somit auch kein Ermittlungsergebnis, obwohl das Resultat der Untersuchung bereits für Mitte Dezember 2011 angekündigt war. Wir haben am 10.01.2012 bei der Staatsanwaltschaft Kreuzlingen schriftlich angefragt, warum sie das Untersuchungsergebnis bei der Uniklinik Zürich und dem Institut für Rechtsmedizin in St. Gallen noch nicht angemahnt hat. Es scheint, als wenn ein großer Teppich des Schweigens über den Skandal gelegt werden soll.Inzwischen reagieren auch die Schweizer Medien über die mangelhafte Informationspolitik der Kreuzlinger Staatsanwaltschaft ungehalten. Das Newsportal "20 Minuten online" beschwerte sich am 10.01.2012 bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft. Das Tagblatt St. Gallen beklagt ebenfalls die unzureichenden Informationen der öffentlichen Stellen.

Die Strafanzeige von zwei Schweizer Tierschutzorganisation vom 9. Juni 2010 wegen "Mehrfacher Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz" gegen "die für die Tierhaltung verantwortlichen Personen im Freizeitpark Connyland in Lipperswill" wurde durch den Kanton Thurgau, vertreten durch Staatsanwalt Patrick Müller, am 11. November 2011 per Einstellungsverfügung abgewiesen. Die Verfahrenskosten von 8.165 Franken gingen zu Lasten des Staats. Die Beschwerde der Schweizer Tierschutzorganisation vom 18. November 2011 gegen die Einstellung des Strafverfahrens wurde mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 24.11.2011 abgewiesen, weil Verbände nach Schweizer Recht nicht legitimiert seien, eine Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung einzulegen. Die Einwände gegen die Einstellung wegen möglicher Befangenheit des Staatsanwalts Patrick Müller und Nichtanhörung von benannten Zeugen wurden lediglich als Aufsichts- und Disziplinarbeschwerde an die zuständige Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet. Es ist jedoch nach alledem davon auszugehen, dass auch diese abgewiesen wird.

Connyland - Klage gegen WDSF / Politiker werden verschont

Die Connyland AG hat gegen das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) beim Bezirksgericht Kreuzlingen eine einstweilige Verfügung und eine Klage erwirkt, dass das Connyland sowie Mitarbeiter nicht der "Tierquälerei" bezichtigt werden dürften. Die streitbefangene äußerung, die dem WDSF vorgeworfen wird, bezieht sich auf einen Leserbrief von Jürgen Ortmüller (WDSF-Geschäftsführer) in der Schweizer Zeitung "Blick" vom 20.07.2011. Das WDSF weist darauf hin, dass die Begriffsverwendung "Tierquälerei" umgangssprachlich verwendet wurde und nicht im strafrechtlichen Sinne.

Das Bezirksgericht Kreuzlingen hat dem WDSF die Begriffsverwendung "Tierquälerei" in einem "superprovisorischen Entscheid" vom 31.10.2011 untersagt. Das WDSF hat gegen diese Verfügung Berufung beim Obergericht in Frauenfeld eingelegt. über die Hauptklage wurde noch nicht endgültig entschieden. Die Schweiz wurde bereits mehrfach vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt, weil gerichtliche Verstöße gegen die Meinungsäußerungsfreiheit festgestellt wurden (EGMR 25.8.1998 59/1997/843/1049, EGMR Urt. v. 28.6.2001).    

In einem Interview mit der Schweizer Zeitung "Blick" sprach die vormalige BDP-Nationalrätin Brigitta Gadient ebenfalls von "Tierquälerei" in Zusammenhang mit dem Connyland und eines von ihr eingebrachten Antrags in den Bundesrat für ein Importverbot von Delfinen in die Schweiz:
Gadient: "Es kann ja nicht sein, dass in unserem Land ein Unternehmen nur gestützt auf Tierquälerei existieren kann. Und was im Connyland passiert, ist für mich nichts anderes als Tierquälerei und nicht zu verantworten."

Gegen Frau Gadient wurde nach Zeitungsberichten vom Connyland eine Ehrverletzungsklage wegen Persönlichkeitsschutz (Antrag auf superprovisorische Massnahme/Einstweilige Verfügung) angestrengt.  Das Verfahren wurde vom Gerichtspräsidenten Dr. Urs Haubensak (Kreuzlingen) nach Aussage von Frau Gadient abgelehnt, da bei der Verwendung des Begriffs "Tierquälerei" nicht vom subjektiven Empfinden des Betroffenen auszugehen sei, sondern von einem objektiven Massstab des Durchschnittslesers eines Zeitungsberichts. Wir haben daraufhin gegen den Gerichtspräsidenten einen Antrag auf Befangenheit gestellt, weil hier möglicherweise eine Rechtsbeugung vorliegt. Obwohl die Nationalrätin wie das WDSF von "Tierquälerei" gesprochen hat, ist es paradox, dass das Verfahren gegen das WDSF weiter aufrecht erhalten wird.